Neue Sparsamkeit - W&V 49/08 PDF Drucken

Das Maß ist überschritten, sagen sich viele Agenturchefs. Sie sparen und wollen nur mehr bei sechs nationalen und internationalen Kreativwettbewerben einreichen.

 

Läuft alles nach Plan, so wird Andreas Grabarz, Chef von Grabarz & Partner, noch in diesen Tagen mit etwa 20 anderen Agenturen eine von allen unterzeichnete Erklärung veröffentlichen, wonach künftig nur noch sechs Wettbewerbe beschickt werden: nämlich Cannes, Clio, One Show, ADC Deutschland, Effie sowie ein Wettbewerb aus London. Dabei stand noch nicht genau fest, ob man sich für den D&AD-Award oder die London International Awards (LIA) entscheiden wird.

 

Bei den beteiligten Agenturen soll es sich um die Top 20 des jährlichen Kreativ-Rankins handeln. Inwieweit künftig Spezialwettbewerbe (etwa der Deutsche Dialogmarketing Preis) beschickt werden, soll laut Vereinbarung jede einzelne Agentur für sich entscheiden.

 

Was grabarz vor zwei Wochen als "Meinungsumfrage unter Kollegen" startete (damals exklusiv in W&V 47/08) hat sich zu einer groß angelegten Initiative entwickelt. Ziel der konzentrierten Aktion (zu der sich laut Grabarz bis Redaktionsschluss mehr als 15 Agenturen bekannt haben) ist e, die hohen Summen für die Einsendegebühren zu beschränken. Leidtragende sind die Ausrichter der viele kleineren Award-Shows (siehe unten).

 

Keine andere Werbenation finanziert Festivals so intensiv wie Deutschland. Was Initiator Grabarz und seine Mitstreiter von Jung und Matt, Kempertrautmann, Kolle Rebbe und KNSK erreichen wollen, ist, dass die Medien am Ende des Jahres ein "Qualitatives Kreativ-Ranking" erstellen, anstatt "Punktezählen bei den Awards". Grabarz: "Wenn Jung von Matt nur noch fünf Wettbewerbe beschickt, wird das Kreativ-Ranking keinen Sinn mehr machen." Vermutlich wären dann Agenturen wie Serviceplan auf den vordersten Plätzen. Dies würde aber nicht der Realität entsprechen, mutmaßt der Hamburger Agenturinhaber.

 

Tatsächlich punktet die Münchner Agenturgruppe vor allem mit Eigendarstellungen oder Projekten für Kleinst- und Social-Kunden. W&V berichtet regelmäßig über das Auseinanderdriften der beiden Welten - hier die reale Werbewelt, dort die Parallelwelt der Kreativ-Awards.

 

Beim ADC denkt der neue Vorstandssprecher Amir Kassaei (DDB) offenbar daran, ein völlig neues Ranking auf die Beine zu stellen. eine aus Marketingleitern, Kreativen und Medienvertretern bestehende Jury (insofern also ähnlich wie beim Effie) soll anhand von zehn verschiedenen Kriterien die Leistungen der Agenturen bewerten. Eines dieser Krieterien könnte zum Beispiel das Abschneiden bei Awards sein.

 

Andere Werber wie der Heimat-Kreativchef Guido Heffels zeigen sich zwar grundsätzlich interessiert, sich an der Inititative zu beteiligen. Dennoch findet Heffels, die Aktion sei mit der "Brechstange" durchgeführt. Würden die Kollegen aufhören, Fakes einzureichen (also eigens für Wettbewerbe produzierte Arbeiten), dann würde sich die Einsendemenge um 80 Prozent reduzieren, schimpft der Berliner.

 

Kaum einer der Akteure gibt gerne zu, dass aus keinem anderen Land der WElt so viele Fake-verdächtige Arbeiten bei den großen internationalen Kreativwettbewerben aufschlagen wie aus Deutschland. Die Agenturchefs haben das System für die eigene Profilierung benutzt. "Das stimmt", räumt Andreas Grabarz ein. "Bescheuert, wie wir sind, haben wir die Wettbewerbe befeuert."

 

Die letzte Aktion zur Selbstbeschränkung aus dem Jahr 2000 scheiterte. Keine Agentur wollte sich daran halten.

 

Kerstin Richter, Markus Weber

 

René Arndt, Die Anzeige/Das Plakat

"Komischerweise kommt eine Anti-Award-Stimmung immer dann auf, wenn die Börsen crashen. Aber es hat sich gezeigt, dass Awards wichtige Parameter für die Werbekunden sind. Ein Ranking ist immer ein aktuelles Leistungsbild. Darauf wollen weder Agenturen noch die Kunden verzichten. Und Awards erhöhen das kreative Potenzial, weil sich Kreative bevorzugt bei preisgekrönten Häusern bewerben."

 

Katharina Stinnes, Die Klappe/BoB

"Unsere Ausschreibung zum BoB-Award läuft derzeit noch. Wir haben keinen Rückgang bei den Einreichungen gegenüber 2007. Das spricht für das Vertrauen, das die Agenturen in den BoB haben. Bei der Klappe, die gerade verliehen wurde, hatten wir 2008 über 20% Zuwachs bei den Einreichungen. Eine Bereinigung bei den Awards schadet nicht. Wettbewerbe müssen Relevanz haben"

 

Jochen C. Gutzeit, Plakat & Media GP

"Wir zeichnen von jeher nur echte Kampagnen aus, das heißt solche, die in einem nennenswerten Umfang geschaltet wurden. Wir begrüßen daher die Überlegungen von Agenturen, die teure Arbeit in ihren reinen "Gold-Units" zu reduzieren. Es wäre aber der falsche Schritt, ausgerechnet auf die Teinahme an jenen Wettbewerben zu verzichten, die sich auf die wirklichen Aufgaben konzentrieren."

 

Günter Götz, Onlinestar

"Kreativwettbewerbe sind wichtig für das Neukundengeschäft und die Kundenpflege von Agenturen. Sie sind für Kunden die einzige Möglichkeit, halbwegs objektiv das Kreativpotential einer Agentur zu bestimmen. Ich glaube, dass nciht weniger WEttbewerbe die Lösung für die Probleme der Agenturen sind, sondern dass die Wettbewerbe bezahlbar sein müssen. Das ist beim Onlinestar der Fall."

 

 

 
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